Marienbildnisse
Maria wird im christlich geprägten Kulturraum vielerorts verehrt, um sie herum entstanden Mythen und Wunder. Die Ausformungen der Marienverehrung sind so vielfältig wie die Bildwerke selber. Sie zeigen sich in Kult- oder Andachtsbildern, sind Erinnerungsstücke einer Wallfahrt, Teil lokalen Brauchtums oder ritueller Traditionen.
© GDKE, E. Kulbe

Marienwunder
Vielerorts werden Schwarze Madonnen als katholische Kultbilder verehrt. Um sie ranken sich zahlreiche Legenden, ihre Entstehung und Deutung geben nach wie vor Rätsel auf.
In vielen Fällen erklärt sich das Erscheinungsbild durch das Nachdunkeln der verwendeten Materialien oder Farbaufträge im Laufe der Jahre, oftmals ist auch Kerzenruß ursächlich für die Schwärzung.
Einige dieser Werke sind allerdings bereits absichtlich aus dunklen Materialien gefertigt worden, mutmaßlich inspiriert durch orientalische Darstellungen, mit denen die mitteleuropäischen Kreuzritter in Kontakt kamen.
Vereinzelt wurden Gesichter darüber hinaus nachträglich geschwärzt, wohl um ein Marienwunder zu imitieren.
© GDKE, E. Kulbe

Die Madonna von Walcourt
In der belgischen Provinz Namur befindet sich die Wallfahrtskirche Saint-Materne de Walcourt. Bei ihrem Gnadenbild handelt es sich um eine zwischen 957 und 1020 aus Lindenholz mit Silberauflage gearbeitete, etwa 62 cm große Madonnenskulptur. Ihre Schwarzfärbung, eine physikalischer Oxidationsprozess des verwendeten Silbers, wurde als Marienwunder propagiert. Der Legende nach soll die Skulptur während eines Kirchenbrandes im Jahr 1220 den Flammen entkommen sein, indem sie aus der Kirche geflogen sei und sich in einem Baum niedergelassen habe. Erst als man versprach, ihr eine neue Kirche zu stiften, sei sie von dem Baum heruntergeflogen, direkt in die Arme des späteren Kirchenstifters Thierry II. von Walcourt.
Die Madonna von Walcourt wird im Laufe des Kirchenjahres in verschiedene Kleider gehüllt. Meist trägt sie einen weiten Mantel, unter dem sie allen Gläubigen Schutz gewährt; ihr werden viele verschiedene Wunderheilungen zugesprochen.
© GDKE, E. Kulbe

Die Schwarze Madonna von Halle/Belgien
Südwestlich von Brüssel steht die der Madonna von Halle gewidmeten Kirche St. Martin. Diese Skulptur soll Ludwig IV. von Thüringen seiner Frau, Elisabeth von Ungarn, von seinen Kreuzzügen mitgebracht haben.
Im Zuge der Kämpfe zwischen Katholiken und Protestanten während der Reformation wurde Halle im Jahr 1580 von protestantischen Truppen angegriffen. Als diese schließlich Kanonen einsetzten, erschien der Legende nach auf den Stadtmauern die Muttergottes, fing alle Kugeln auf und rettete so den Ort vor den Besatzern. Der Ruß des Schwarzpulvers soll ihr Gesicht dunkel gefärbt haben. Die Einwohner brachten aus Dankbarkeit alle gesammelten Kanonenkugeln in das Gotteshaus, wo sie sich bis heute befinden. Charakteristisch für die Darstellung der Heiligen Mutter von Halle ist, dass sie auf Reihen von Kanonenkugeln steht.
Vor welchem Hintergrund auch immer sie entstanden sind, Schwarzen Madonnen wird allgemein eine besondere Wundertätigkeit sowie Mystik zugeschrieben. Sie sind ein verbreitetes Phänomen, deren Ausstrahlung nicht nur Gläubige seit vielen Jahrhunderten fasziniert.
© GDKE, E. Kulbe

Marienverehrung
Der Legende nach fand im 12. Jahrhundert ein Hirte mitten im Winter unter einer blühenden Rose eine bemalte Madonnenstatue. Obwohl er diese mit nach Hause nahm, lag diese am nächsten Tag wieder am selben Ort; dies wiederholte sich noch zweimal. Schließlich bekam eben diese Statue ihren Platz in einer eigens für sie errichteten Kapelle. Dort wurde sie fortan als wundersame Madonna von Meritxell verehrt.
Seit 1921 wird am 8. September, dem Fest Mariä Geburt, der Tag der Nostra Senyora de Meritxell als Nationalfeiertag des Fürstentums Andorra begangen. Ein Brand im Jahr 1972 zerstörte die originale romanische Skulptur, an ihrer Stelle steht heute eine Replik.
© GDKE, E. Kulbe

© GDKE, E. Kulbe

Ritus
Viele Religionen sprechen dem Element Erde eine besondere Heilkraft zu. In früheren Zeiten, als Medizin großen Teilen der Bevölkerung nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stand, spielte darüber hinaus der Glaube an überirdische Heilmethoden eine enorme Rolle.
Das Christentum kennt in dem Zusammenhang die Tradition der sogenannten Schabmadonnen: kleine irdene Kopien von Gnadenbildern bestimmter Wallfahrtsorte werden bereits seit dem 17. Jahrhundert in großer Stückzahl gefertigt und an Reisende verkauft.
Mit einem Messer schabten die Gläubigen dann bei Bedarf etwas Ton der Madonna in ihr Essen. Als Schutz vor Tierseuchen versetzten Bauern ebenso die Viehtränken mit einer kleinen Gabe dieses gesegneten Materials. Auch wenn Ton durchaus antibakterielle sowie schadstoffbindende Eigenschaften zugewiesen werden kann, steht in diesem Fall wohl vor allem der Glaube an die spirituelle Kraft der rituellen Handlung im Vordergrund.
© GDKE, E. Kulbe

Patronin
Südlich von Grenoble liegt der Wallfahrtsort La Salette. Hier erschien der Überlieferung nach im Jahr 1846 auf einer Bergalm zwei Hirtenkindern inmitten einer Feuerkugel eine Frauengestalt. Diese beweinte, dass ihr Volk seinen Erlöser vergäße und nicht aufrichtig glaube. Sie aber bete, damit Jesus Christus das ihr am Herzen liegende Volk nicht verlasse.
Die Botschaft verbreitete sich, bereits wenige Jahre später wurde an besagtem Ort eine Wallfahrtskirche zu Ehren der Patronin errichtet.
Die Darstellung der Madonna von Salette unterscheidet sich von den meisten bekannten Marienbildnissen. Traditionell in bäuerlicher Tracht gekleidet, trägt sie ein langes weißes Gewand, eine gold leuchtende Schürze, ein Halstuch sowie eine Kette mit Kreuz, Hammer und Zange. Charakteristisch sind neben den blütenbesetzten Schuhen besonders ihre mit Rosen bekränzte Haube.
© GDKE, E. Kulbe

Marienerscheinung
Seit dem Jahr 1858 soll der vierzehnjährigen Bernadette Soubirous an der Grotte von Massabielle mehrere Male die Muttergottes erschienen sein. Hier, nahe dem Fluss Gave de Pau, öffnete sich während einer dieser Visionen schließlich eine Quelle mit heilendem Wasser.
Berichte wie diese faszinieren Gläubige seit vielen Jahrhunderten. Die Erscheinung der Heiligen Jungfrau Maria wird als besondere Gnade betrachtet, als Zeichen ihres Beistandes. Jährlich pilgern bis zu sechs Millionen Besucher*innen nach Lourdes, um vor Ort Erlösung zu erfahren, Bitten zu formulieren oder Dankbarkeit auszudrücken. Hier wollen sie die Nähe Gottes spüren.
Es ist vielleicht genau diese Hoffnung, die zahlreiche Legenden und Marienwunder entstehen ließ, lokales Brauchtum begründete und Maria zu einer Kultfigur machte.